VNach dem ersten Lockdown konkurrierten die Länderchefs regelrecht bei den Lockerungen. Die Mehrheit ignorierte die Warnungen von Experten vor einer zweiten Welle. Es wurde in den Sommermonaten versäumt, die Hochrisikogruppe dort zu schützen, wo sie lebt. Ebenso sind die Gesundheitsämter nicht digital fit gemacht worden. Das rächt sich jetzt.
Der Countdown zum harten Lockdown läuft: Im Interview mit Telepolis kritisiert der Chef der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, in scharfer Form die Bundesregierung, die Impf-Strategie und den blinden Aktionismus der Landespolitiker […]
Wie betrachten Sie denn aus Sicht der Patienten die neuen Planungen für einen verschärften Lockdown?
Eugen Brysch: Mittlerweile überbieten sich die Regierungschefs bei den Maßnahmen für einen härteren Lockdown. Ob das in Krisenzeiten wirklich zielführend ist, scheint fraglich. Es muss nicht alles getan werden, sondern das Richtige. Notwendig ist endlich ein überzeugendes, bundesweit einheitliches Schutzkonzept für die 900.000 Pflegeheimbewohner. Sie bilden schließlich die verletzlichste Gruppe in der Pandemie. Grundlegende Maßnahmen bleiben ein sicherer Infektionsgrundschutz, eine lückenlose Kontaktdokumentation und laborgestützte PCR-Tests zweimal in der Woche. Ebenso müssen zusätzlich tägliche Schnelltests bei allen Mitarbeitern und Besuchern erfolgen. Nur so kann es gelingen, das Virus möglichst schon vor der Einrichtung zu stoppen.
Hat die Regierung nicht einige Fehler gemacht und die Pandemie unterschätzt? Wurden von der Politik die realen Ängste vor dem Virus vernachlässigt? Besonders Ältere, Vorerkrankte sind bedroht. Es gibt hunderte Tote pro Tag …
Eugen Brysch: Nach dem ersten Lockdown konkurrierten die Länderchefs regelrecht bei den Lockerungen. Die Mehrheit ignorierte die Warnungen von Experten vor einer zweiten Welle. Es wurde in den Sommermonaten versäumt, die Hochrisikogruppe dort zu schützen, wo sie lebt. Ebenso sind die Gesundheitsämter nicht digital fit gemacht worden. Das rächt sich jetzt. Denn immer mehr Pflegeeinrichtungen verhängen erneut Betretungsverbote aus Angst vor Infektionsausbrüchen. Zudem gibt es weiterhin keine genauen Zahlen zum Infektionsgeschehen in den 12.000 Pflegeheimen. Bund und Länder erfassen nicht, wie viele Heimbewohner tatsächlich isoliert leben müssen. Zwar reden die Regierungschefs viel von den vulnerablen Gruppen, aber täglich abrufbare Fakten werden hier nicht gesammelt.
Quelle: Telepolis