Wenn wir in einer Welt leben, in der sich eine Menge Leute in vielen Ländern gleichzeitig abgehängt oder nicht mehr vertreten fühlen, liegt das ja nicht daran, dass nicht oft genug Besuch vom Journalisten kommt. Dann muss es irgendwas sein, was überall ähnlich real wirkt.
Da spricht einiges dafür, dass das mit jener naiv-liberalen Globalisierung zu tun hat, die lange fast alles diktiert hat. Dass ein guter Teil der Leute über Jahre immer nur gehört hat, dass sie verzichten müssen – weil man sich dies und jenes nicht mehr leisten kann. Und weil sonst andere es kostengünstiger machen. Oder weil dann gleich Billigarbeiter zu uns kommen. Dann aber Milliarden da sind, um Banken zu retten.
Dass es wichtig ist, den Kündigungsschutz zu lockern oder Minijobs einzuführen – weil sonst, klar, die Globalisierung alles übernimmt. Was de facto den Druck erhöht hat – nicht nur auf Leute, die einfache Arbeit haben, sondern auch auf viele, die zur Mittelschicht gehören (oder es meinen). Und die gar keine haben. Während andere sich den ganzen Tag Gedanken darüber machen, wie sie ihr vieles schönes Geld am besten vor dem Finanzamt retten. Und Politiker vor lauter Delegation eigener Kompetenzen an die Märkte einen immer hilfloseren Eindruck hinterlassen. […]
Das wahre Problem ist dann, wenn überhaupt, dass wir zu wenig Intellektuelle hatten, also Leute, die sich vorher Gedanken gemacht haben, was man mit einer ziemlich unkoordinierten Globalisierung (neben vielem Positivem) an Nebenfolgen anrichten kann – und ob Menschen damit klarkommen, die nicht ständig durch die Welt jetten. Was man sich ja durchaus durch Nachdenken hätte erarbeiten können.
Quelle: Thomas Fricke auf Spiegel Online