Es gibt keinen intellektuell geführten Diskurs in der Union. Immer wenn es um grundlegende Fragen geht, immer wenn es eigentlich angebracht wäre, ein politisches Problem einmal zu durchdringen und nach grundsätzlichen Antworten zu suchen, herrscht bei der Union das Schweigen im Walde…
Mehr oder weniger laut nachgedacht wird nur über die Folgen dieser oder jener Entscheidung für die Wahlergebnisse der eigenen Partei. „Auf Sicht fahren“, nennt man das im parteipolitischen Betrieb. Nach dem Motto: Debatten mögen andere führen, du, glückliche Union, regiere!…
Die Kanzlerin selbst ist in ihrem Desinteresse an allen Fragen, die über das politische Tagesgeschäft hinausgehen, vermutlich unübertreffbar… Unter Merkel hat diese Verweigerungshaltung der Union gegen das grundsätzliche Denken und den intellektuellen Diskurs extreme Ausmaße angenommen. Aber sie begann nicht mit ihr….
Nicht nur die Parteigremien, sondern auch die Konrad-Adenauer-Stiftung hält sich aus allem raus, was irgendwie mit einer offenen Diskussion der großen Zukunftsfragen des Landes und dem Versuch zu tun hat, die Antworten darauf zu prägen…
Regieren ohne nachzudenken. Eine Zeitlang mag das funktionieren. Eine Zeitlang kann eine politische Organisation auf Sicht fahren, wenn sie eine Angela Merkel an der Spitze hat, die den Laden pragmatisch zusammenhält, und genug Kauders und Pofallas, die bei jedem Kanzlerwort die Hacken zusammenschlagen, ohne Fragen zu stellen. Aber wenn eine Partei, die mal ein Vehikel für konservative, christlich-soziale und freiheitliche Überzeugungen und entsprechende politische Ziele war, nur noch eine leere Hülle ist, weil noch der letzte Rest vom einstigen Inhalt als Ballast abgeworfen wurde, fällt sie irgendwann in sich selbst zusammen.
Quelle: Wirtschaftswoche